Archiv der Kategorie: denken

Die Bahn redet vom Wetter – wir auch

"Alle reden vom Wetter – wir nicht". So ein Slogan auf einem DB-Poster aus den Siebzigern. Offensichtlich sind die Zeiten vorbei. Laut Sponline solle jetzt jedes Mal, wenn der Wind doller als Stärke Acht weht, der Hauptbahnhof geschlossen werden.

Menschenskinder, das gibt doch nur wieder Futter für die Altwestberliner: "Hättense mal gleich Zoo jelassn".

Update: Ich hab es ja gesagt

Den Schuss gehört

Heute in der Tagesschau:

"… Murat Kurnaz vor dem Untersuchungsschuss aus- … äh Untersuchungsausschuss aussagte …"

Schönes Ding. Nach der U-Haft führt Deutschland jetzt den finalen U-Schuss ein. 

Wir können auch anders

Das Bild insbesondere amerikanischer evangelikaler Christen in der (Blog-)Öffentlichkeit ist meiner bescheidenen Meinung nach stark verzerrt durch die typischen Gewehr-bei-Fuß-Fundamentalisten, die Bush für fast so groß wie Jesus und den Einsatz von Waffengewalt für biblisch fundiert halten. Ich will – als zumindest teilweise Betroffener, nichtamerikanisch, aber auch eher evangelikal – hier mal auf Jim Wallis und seine "Sojourners" hinweisen, die, wie ich vor einiger Zeit festgestellt habe, sogar ein Blog namens "God's Politics" betreiben, was sehr anregend und herausfordernd zu lesen ist.

Gammelfleisch, Computer vom Discounter und andere Widrigkeiten

Es gibt kaum etwas in der Welt, das nicht irgend jemand ein wenig
schlechter machen kann und etwas billiger verkaufen könnte. Und die
Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute
solcher Machenschaften. Es ist unklug, zuviel zu bezahlen, aber es ist
noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zuviel bezahlen,
verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig
bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die
ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft
verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das
niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen,
etwas Geld zurück legen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch
genug Geld, um für etwas besseres zu bezahlen.

John Ruskin (1819-1900) 

Das Leben der anderen

S1 Richtung Oranienburg. Mitte Zwanzig, mittleres bis gehobenes Bildungsniveau, männlich, Mountainbike auf drei Sitze verteilt, Mobiltelefon am Ohr.

"Wie es so geht?" [..]

"Tja, scheiße gelaufen. Ein Paradebeispiel dafür, dass es auch mit Kondom schieflaufen kann. Ich hab kein Loch gesehen, aber irgendwie muss da was rausgelaufen sein. Die Kleine ist fit, fängt jetzt an zu krabbeln. Nee du, die Olle schläft jetzt bestimmt schon."

Es ist einer dieser Tage, an denen ich mir schwöre, nie mehr morgens meinen MP3-Player zu Hause zu vergessen. Nicht, weil ich auf Musik angewiesen wäre, sondern, weil ich mich damit wenigstens für eine halbe Stunde vom Leben des jungen Mannes im Fahrradabteil hätte abschotten können. So genau wollten wir es alle gar nicht wissen, aber mit einer Mischung aus Schrecken und Faszination an den tiefen Einblicken hören wir gebannt weiter zu:

  • Ein Kumpel hat Diabetes, aber "er hat das ja auch so lange schleifen lassen". Und jetzt erzählt er immer davon, dass er sowieso bald sterben wird.
  • Dem anderen Kumpel ist die Mutter schon weggestorben, Oma ist als nächstes dran.
  • Irgendwann verabschiedet er sich von seinem Gegenüber und ich glaube, doch noch in Ruhe mein Sudoku im Tagesspiegel fertigmachen zu können. Da ruft er auch schon den nächsten an: "Hi, ich wollte mal einfach so quatschen. Ich sitz gerade in der S-Bahn und das ist so langweilig." Vorbei ist's mit der Konzentration.
  • Und weiter geht der Parforceritt durch Freundschaft und Bekanntschaft: "Du, dem schulde ich noch Geld, aber der soll sich nicht so haben, ich hab ihm schon ein Drittel zurückgezahlt. Ich hätte auch meinen Anwalt einschalten können, sein Anwalt hat da nämlich viel zu hohe Zinsen angesetzt. Soll froh sein, dass er überhaupt was kriegt."

Als ich an meiner Destination endlich den Wagen verlassen darf, dröhnt mir der Schädel und ich frage mich, wo die Zeiten hin sind, wo du dich schon spät abends in eine Kneipe setzen musstest, um einmal etwas aus dem Leben eines anderen Menschen zu erfahren.

[Liveblog Semantics] Vermischtes III

Donnerstag 9:50

  • Der große Saal war wohl auf  Dauer zu teuer. Wir sind jetzt in einem Raum, in dem gerade noch Stühle aufgestellt werden, weil nicht alle hineinpassen. Es scheinen auch so viele Leute an einem Access Point zu hängen, dass die Internetverbindung immer mal wieder abbricht. Fein.
  • Vielleicht ist das hier nicht wirklich eine wissenschaftliche Konferenz, aber die Diskrepanz zwischen Forschungsprojekten und Firmenpräsentationen ist schon groß. Wenn ein Wirtschaftler da vorne steht und nach Implementierungsdetails gefragt wird und auf viele Fragen nur Antworten hat wie "Das darf ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erzählen" und "Ich will nicht zu viel verraten", dann lobe ich mir doch unsere universitären Projekte. Wir pflegen wenigstens eine offene Kommunikationskultur.
  • Mein Vortrag war zwar zu lang – ich kam einfach nicht damit zurecht, dass wir dann doch auf Deutsch vortragen konnten und habe mich verquatscht – hat aber einiges an interessantem Feedback generiert.
  • DERI ist eine lustige Forschungseinrichtung. Die haben so ein PR-Video, wo alle Mitarbeiter DERI-T-Shirts anhaben und immer ganz fröhlich sind. DERI goes Scientology und ich reserviere schon mal die Rechte am Begriff DERI-Droid.

[Liveblog Semantics] Verschiedenes II

  • Österreichisch ist eine niedliche Sprache. Ich höre das sehr gerne, diese langgezogenen, manchmal wie Kaugummi ausgeleierten Vokale. Noch niedlicher ist allerdings österreichisches Englisch.
  • Das Überziehen der eigenen Redezeit ist etwas, was ich als Zuhörer als sehr unhöflich gegnüber dem Publikum und den Nachrednern empfinde. Ich muss morgen aufpassen, dass ich nicht zu lange erzähle.
  • Hier rennen zeitweise bis zu drei Fotografen herum. Aber ich bin schneller im Web, auch wenn die tolle Kameras haben. Ist ja nicht alles schlecht bei Magnus.

[Liveblog Semantics] Vermischtes

  • Ganz wild sind ja die Österreicher auf Titel, aber das wusste ich schon von Kishon. Selbst ein Student, der mit Mühe den Bachelor geschafft hat, lässt sich hier auf dem geduldigen Papier mit "Bakkalaureus" titulieren. Es ist mir geradewegs peinlich, dass ich nicht stärker darauf gedrungen habe, als "Dipl.-Inform" überall aufzutauchen.
  • Ganz großes Kino hier: Vor mir sitzt ein Sitzriese, leider auf derselben Höhe wie ich. Mein Kopf befindet sich in einer stetigen Links-Rechts-Pendelbewegung, da auch der Kompagnon vor mir sich immer dann nach rechts beugt, wenn ich … ich setze mich nach der Pause um.