Archiv der Kategorie: denken

Schreibaufgabengeschichte

Danke für die Steilvorlage, Olli. Hier die Geschichte:

Ich saß – wie jeden verdammten Montag, wer hatte überhaupt den Montag erfunden – wieder in meinem unheimlich stinkenden kleinen Kabuff von Detektivbüro. Seit Wochen herrschte absolute Flaute auf dem Markt für Schnüffelei, nicht mal eine sich betrogen wähnende Ehefrau wollte, dass ich mich mit meiner Pentax auf die Lauer legte, um ihren Mann in flagranti zu ertappen. Die Leute wollten mich einfach nicht mehr. Vielleicht sollte ich mich aufs Muscheltauchen verlegen, dazu fehlte mir aber ein Boot, dachte ich so bei mir, stopfte mit ein paar undefinierbare Kräuter in meine Pfeife und gab mir selbst Feuer – war ja auch keiner sonst da. Ehrlich gesagt, wurde mir schon etwas schwummrig (wer hatte mir bloß dieses Zeug angedreht?).

Tatsächlich sollte hier in meiner ruhigen Bude aber schon sehr bald ziemlich die Post abgehen. Eine Lady (und wenn ich Lady sage, meine ich diese Neunzig-Sechzig-Neunzig-Wuchtbrummen) mit gefährlich hohen Stilettos betrat mein Büro, nein, sie betrat es nicht einfach so, sie tanzte förmlich herein, ohne auch nur daran zu denken, die Tür hinter sich zu schließen. „Toll, heute ist dein Glückstag“, dachte ich bei mir und war auf der Stelle hellwach. Ihr Akzent war osteuropäisch, ihre Augen wie Smaragde und sie hatte riesige … aber ich riss mich noch einmal zusammen, bevor ich mich so schuldig fühlen konnte, dass ich vor Scham im Boden versank. Alles, was sie von mir wollte, wenn ich ihre hastig und unter Tränen hervorgestoßenen ungarisch-deutschen Laute richtig deuten konnte, war augenscheinlich, dass ich ihre entflogene Eule wiederbeschaffte. Unter einem spannenden Auftrag inklusive der günstigen Gelegenheit, eine verzweifelte Klientin zu trösten, hatte ich mir allerdings etwas anderes vorgestellt. Die Frau war hysterisch, ganz klar, und hysterische Frauen machen mir Angst. Plötzlich kam mir die rettende Idee! Sofort begann ich, so derart heftig an der Pfeife zu ziehen, dass schon bald die gesamten acht Quadratmeter Büro von einer Wolke glücklich machender Substanzen eingenebelt war. Die Wuchtbrumme sank ohnmächtig zu Boden, ich konnte sie aus dem Büro schaffen und hinter dem Haus in einem Container drapieren – und hatte endlich wieder meine Ruhe.

Mein Motivator

Ich habe einen starken Motivator. Schon oft in meinem Leben hat er mich dazu motiviert, Dinge zu tun: „Mach doch auch mal. Ist prima. Mache ich auch!“. Das Originelle, aber oft auch etwas Frustrierende an meinem Motivator ist nur, dass er die angerissenen Sachen nach einer Weile wieder aufgibt, ich dagegen mache weiter, immer weiter, bis zum Sankt Nimmerleinstag. Beispiele?

  • „Ich habe da so ein Blog. Das macht echt Spaß. Mach doch auch mal.“ Juni 2005. Mittlerweile passiert beim Motivator nichts mehr, selbst seine Blogdomain hat er an eine ausländische Firma verkloppt. Nur ich blogge munter weiter, Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr.
  • „Man müsste mal wieder [Hier Name eines durch die Medien recht bekannt gewordenen Killerspiels einsetzen] spielen. Wollen wir nicht mal? A und K würden bestimmt auch mitmachen.“ Zusammen spielen ist schöner als alleine, also habe ich mir auch [Hier Name eines durch die Medien recht bekannt gewordenen Killerspiels einsetzen] geholt, wir haben zeitweise sogar einen kleinen Gameserver mit 12 Slots angemietet. Was ist passiert? Der Gameserver ist inzwischen wieder abbestellt, A und K treffe (Achtung Zweideutigkeit) ich nur sporadisch im Netz und der Motivator hat auch nur noch sehr, sehr selten Zeit. Wenn ich mir nicht auferlegt hätte, den großen, dicken Bergebär in der Statistik zu überholen, wäre ich vielleicht auch nicht mehr da. So aber schultere ich Woche für Woche meine Lasten (Sturmgewehr, Kevlarrüstung, Helm, zwei Blend- und eine Handgranate und ein Messer) und tue meine Pflicht.

Extrapoliert man dieses Motivationsverhalten, wird meinem Motivator bald noch mehr widerfahren: Er wird sein MacBook Pro vermutlich wieder gegen einen Windows-Rechner eintauschen, während ich auch noch den letzten unserer heimischen Computer applifiziere. Ich werde jeden Monat einmal einsam und alleine am Entwicklerstammtisch in einer Berliner Kneipe sitzen, während der Motivator sich anderen Gruppen zugewandt hat.

Ich müsste mir mal selbst was ausdenken …

Ungelöste Fragen

Fiel mir gerade in der Büroküche ein: Wie um alles in der Welt kam ich damals darauf, dass in LL Cool Js Lied „I need love“ die Textzeile

„I need a girl who is as sweet as a dog

vorkommt, was ich schon immer ziemlich dämlich fand? Und warum fällt mir das immer mal wieder ein?

Verstehe: Es heißt „I need a girl who’s as sweet as a dove„. Na sowas, auch nicht viel sinnvoller.

Nichts wissen macht klüger

Du kennst doch … du hast ja auch schon gehört von … da warst du sicher auch schon mal … ich mach ja jetzt in … wir benutzen da …

Wenn es angesagt ist, alles über alles und jeden zu wissen, probiere ich momentan mal das Gegenteil: Offensives Nichtwissen. Wenn jemand im Gespräch nebenbei ein Konzept, einen Namen, einen Ort erwähnt, von dem ich noch nie etwas gehört habe, tue ich nicht – wie früher – so, als wüsste ich, worum es geht, nur um nicht als Dummkopf dazustehen. Stattdessen frage ich mittlerweile einfach „Was ist das?“. Das Ziel hier ist nicht, das Gegenüber zu düpieren, sondern mehr, sich nicht mehr auf eine Art geistiges Lattenmessen1 einzulassen, indem ich mein Nichtwissen ehrlich zugebe. Und wenn der andere tatsächlich weiß, wovon er spricht, lerne ich sogar noch was dabei. Macht mir Freude.

1) Wir können das alles diskutieren
Aber doch bitte ohne zu reden
Zwischen großem Verständnis und von wegen
Die Welt geteilt in gut und schlecht
Und wer bei 10 noch steht, hat recht

Kettcar: Lattenmessen

Ich habe Wladimir Putin gesehen

Heute morgen, Hauptstraße Ecke Friedrich-Engels-Straße. Dunkler Anzug, einen Rollkoffer hinter sich her über das rollkoffer-inkompatible Pflaster schleifend. Angespannt, hastig, vielleicht sogar gehetzt?

Wohin? Zum Discounter um die Ecke? Zum Landhaus Rosenthal, die Dorfjugend mit Großmachtspropaganda für die russische Sache begeistern? Auf der Flucht?

Gottesfinsternis

„Allein aus Gnade schenkt Gott den Glauben, und wenn man den Glauben nicht halten kann, ist Gottes Gnade nicht zu Ende. Sie bleibt, wenn alles andere schwindet.“

Der Mitschnitt einer Sendung auf Deutschlandradio über persönliche Erfahrungen mit Depression und dem Verlust des Glaubens. Auch wieder lesenswert. Es wird Herbst.

Dank an den aus Stralau, der oft solche Schätze ausgräbt.