Archiv des Autors: maggi

Transit

Transitvisum

 

War doch nicht alles schlecht im Osten. Ist doch auch irgendwie lustig gewesen. Da hatten noch alle Arbeit. Das war doch nur, damit die von drüben nicht reinkonnten.

Ich bin in Westberlin aufgewachsen und kann natürlich gar nicht mitreden. Man lebte auf einer Art Ferieninsel, die von den lieben Freunden aus der übrigen Bundesrepublik mit großzügigen Solidarbeiträgen mitfinanziert wurde und von einer angesichts der Übermacht der um die Stadt zusammengezogenen Sowjettruppen doch recht niedlich anmutenden Zahl von Amerikanern, Briten und Franzosen verteidigt wurde. Der Filz wucherte, selbst als Schüler bekam ich noch einiges von den typisch Westberliner Korruptionsskandalen mit („Neue Heimat“) und es ging doch allen ganz gut. Da stand nur eine Mauer mitten in der Stadt.

Um in den Urlaub zu fahren, was für unsere Familie damals meistens „nach Dänemark“ hieß, musste man eine der drei/vier Transitstrecken benutzen. Der wichtigste Bestandteil des Urlaubsanfangs war „die Grenze“. Es war klar, dass es die erste Mahlzeit der Reise immer erst „hinter der Grenze“ gab. Die Grenze, das war fast immer Dreilinden, ein vielspuriger Moloch der hässlichsten Architektur, die man als Kind so kennenlernte. Tagsüber in Grau, abgesetzt mit Grau und ein bisschen Grau zum Aufpeppen, nachts dann von diesen unmenschlich orangegelben Lampen beleuchtet, was die Gebäude nicht schöner machte. Immer war man in Panik, ob Vatis Pass überhaupt akzeptiert würde (er hatte sich einmal extra den Bart abgenommen), ob wir diesmal doch Waffen, Funkgeräte oder Schmuggelware dabei hatten oder etwas, dass als solches intepretiert würde und wir den geamten Wagen ausräumen mussten. Die Ausweise nahm uns ein Grenzer in einem kleinen Häuschen ab, dann fuhren sie auf einem Laufband zu einem weiteren Häuschen, wo wir sie wieder zurückbekamen. Was zwischen den Häuschen passierte, außer dass sich meine Eltern zankten, wer sich wohl wieder die längste Autoschlange herausgesucht habe, habe ich nie erfahren. Vielleicht wurden da die Leute ausgesucht, die man sich später auf einem Extraparkplatz noch mal gründlich vornahm.

Bis Helmstedt war dann Ruhe, ich vergesse jedoch bis heute nicht, wie ich jedesmal, wenn wir die letzte Kontrolle passiert hatten, unendlich erleichtert war, wieder im Westen zu sein.

… wird fortgesetzt …

 

Feeds für Noobs

Alle Web-2.0-Aficionados jetzt mal bitte wegklicken. Dieser Artikel wendet sich an diejenigen unter meinen Leserinnen und Lesern, die zum Beispiel aus meinem Freundes- oder Verwandtenkreis kommen („Geschwister im Herrn“ inklusive) und denen ich irgendwann mal meine Blogadresse geschickt, gesagt oder auf die Oberschenkel tätowiert habe, damit sie von Zeit zu Zeit Nachrichten aus meinem Leben bekommen.

Viele dieser Menschen sagen mir Wochen später Dinge wie „Ist ja lustig/lehrreich/zum Kotzen, was du so schreibst. Ab und zu schaue ich immer mal in dein Blog/auf deine Flickrseiten/in dein Küchenfenster, was du so treibst.“ Aussagen dieser Art treiben mir den Angstschweiß auf die Stirn. Ab-und-zu-mal-Reingucker generieren keine Hits, keinen Traffic, um meinen mühsam erkämpften Platz 4815162342 der weltweiten Topblogcharts zu halten oder gar zu verbessern. Außerdem können solche Menschen gar nicht nicht aufmerksam meine neuesten Abenteuer („DSL in Rosenthal“) und Serien („Wie kastriere ich meinen Hamster?“) mitverfolgen.

Für alle diejenigen möchte ich hier einmal auf ein Video von Commoncraft zum Thema „RSS-Feeds“, das schon etwas älteren Datums  ist, hinweisen. Hier werden auf absolut niedrigem Level Dinge erklärt, von denen unsere Vorfahren nicht einmal zu träumen wagten. RSS-Feeds sorgen – kurz gesagt – dafür, dass die Neuigkeiten dich erreichen und nicht du gezwungen bist, überall nachzusehen, was es Neues gibt. Ich benutze übrigens Bloglines.

Es gibt von dem Video auch eine deutsche Übersetzung. Wer aber diesen ganzen neumodischen Schnickschnack nicht haben will, kann mich auch gerne lieb bitten (in den Kommentaren), dann installiere ich hier noch einen Knopf für ein Mailabonnement.

(Wieder)gefunden bei Robert Basic.

Grindblog präsentiert: bittersweet choc

Choc hat jetzt ganz neuen Auftrieb bekommen, weil von AOL (AOL?! Ja, dem AOL, früher in unseren aufgeklärten Userkreisen Synonym für Kommerzialisierung und rapide Verblödung des World Wide Webs) zur Blogher-Konferenz eingeladen. Pinkelt gerne mal die „Alphamännchen“ der deutschen Blogszene an und liest sich auch sonst ganz prima, bitter und süß halt, wie René von Nerdcore unter Lösungsmitteln vielleicht. Nur dass sie mit Bono ein Problem hat, finde ich schade.

Aus der ReiheGrindblog präsentiert“.

Grindblog präsentiert: supatyp

Und weiter geht’s im Sauseschritt, nach Urlaub und Stresspausen jetzt die nächsten Blogs in meinem Feedreader:

Mark ist der supatyp und betreibt eher eine Linksammlung, allerdings in einem haarsträubend netten Deutsch, das hundert Prozent nicht dudenkonform ist. Ich sah ihn zuerst als Kommentator bei Don Dahlmann und fand seinen Stil so interessant, dass ich glatt sein Blog abonniert habe. Antville ist so ein bisschen die Hippiekommune von Blogstadt.

Aus der ReiheGrindblog präsentiert“.

Immer Ärger mit der Technik

Nerdcore ist am Boden:

Die letzten Feedartikel

Da sitzt man in Kleinbloggersdorf in seinem kleinen Häuschen, starrt auf die lodernden Flammen, die aus der Wertkauf-Villa schlagen, überlegt, ob man nicht Hilfe anbieten soll und denkt „zum Glück ist das nicht mir passiert“. Alles Gute, lieber René, und wenn du irgendwelche blöden Tipps brauchst, nur fragen. Aus meiner langjährigen Berufserfahrung heraus manifestiert sich: Es liegt immer am Encoding.

So sieht das übrigens grade aus da drüben:

 

nerdcore.jpg

Update: Er ist zurück.

Baba yetu

Ich kenne kaum einen großartigeren musikalischen Moment in Computerspielen als das Intro-Lied von Civilization 4. Außer vielleicht, in GTA: Vice City auf einem Chopper am Strand langzubrausen und „Four Little Diamonds“ von ELO zu hören. Oder diese Szene in Call Of Duty, wo man als Brite mit stetig wachsender Verzweiflung die Brücke verteidigen muss, die Musik sich zeitgleich ins rasend Dramatische steigert und dann, als endlich die Verstärkungen eingetroffen sind, sich in geradezu heroisch-orgasmischer Erlösung auflöst. Oder …

Aber jetzt alle:

Baba yetu, yetu uliye
Mbinguni yetu, yetu, amina!
Baba yetu, yetu, uliye
Jina lako litukuzwe.“

Das war übrigens ein Teil des Vaterunsers auf Suaheli.

Informationen fischen auf Schwedisch

Wie so viele meiner Mittdreißiger Mitmenschen warte auch ich schon seit Tagen voller innerer Spannung auf das Heilige Buch, den Katalog eines schwedischen Möbelhauses, stets prall gefüllt mit feinen Einrichtungsideen für Leute, die wollen, dass es bei ihnen zu Hause ganz genauso aussieht wie bei all ihren Mittdreißigerfreunden.

Ich trug ich mich schon vor einigen Monden in den Newsletter besagten Möbelhauses ein, was man ja eigentlich tunlichst unterlassen sollte, jedoch war die Verheißung besonderer Geschenke für solche mit Familie doch einfach zu verlockend.

Jetzt mal Klartext: In der neuesten Mail des IKEA-Newsletters wird auf eine Seite verwiesen, auf der man Interessantes über den neuen Katalog erfahren konnte, z.B., wo er denn wann und wie verteilt würde. Der Link zu dieser Seite lautete allerdings nicht www.ikea.irgendwas, sondern http://nl1.gerstenberg-direkt.de/service?blablabla, wobei „blablabla“ eine längere Zahlen- und Buchstabenkombination darstellte, die sicherlich zur Identifizierung des Klickenden dienen sollte. Die Mail wurde auch prompt vom Thunderbird als Phishingversuch geoutet und brachte mich dazu, doch mal nachzuschauen, wer eigentlich Gerstenberg ist und was er mit IKEA zu tun hat.

Offensichtlich ist die GERSTENBERG Druck & Direktwerbung GmbH für Vertrieb und Marketing des IKEA-Katalogs in Deutschland zuständig und will wohl auch gerne wissen, wer sich eigentlich den IKEA-family-Newsletter so durchliest und tatsächlich auch noch auf Links klickt. Nun denn, in diesem Fall ist das ja vollkommen in Ordnung, schließlich habe ich mich ja für den Newsletter angemeldet (das Zauberwort bei den Marketingkaspern heißt wohl „Permission Marketing“). Es hat mich aber wieder einmal ins Grübeln gebracht, wie durchsichtig ich als Nutzer des Internets für die kommerziellen Datenkraken dort draußen eigentlich bin.