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Tempelhofer Feld

Eigentlich ist es mir ehrlich gesagt brennend egal, was mit dem Exflughafen in Südberlin passiert. Viel wichtiger für uns ist hier oben die dringende und endgültige Abwicklung von Tegel.
Aber ich habe Freunde, Freunde tief unten. Und diese Freunde, obgleich sie ganz unterschiedlicher Herkunft und politischer Ausrichtung sind und auch ganz unterschiedliche Interessen haben, sind allesamt dafür, das Tempelhofer Feld in seiner Form zu erhalten. Alle. Und für die gebe ich Sonntag meine Stimme. So.

Was geht (gar nicht) im Netz?

Von Frank kam die freundliche, aber bestimmte Einladung, doch mal wieder was zu schreiben, und zwar auf eine Einladung der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft zum Thema: Drei Dinge, die für Kommunikation im Netz (gar nicht) gehen. Vielen Dank für die Vorlage, hier meine Top Drei:

1. Vergiss nie, dass du mit Menschen kommunizierst

Ich weiß, wir Informatiker neigen gerne dazu, „User“ als seltsame Wesen zu betrachten, oft irrational, leicht beleidigt und viel schwieriger im Umgang als unsere Rechner. Nichtsdestotrotz scheint – gerade in Foren, aber auch im Mailverkehr, bei Kommentaren und anderen – bei vielen, eigentlich im normalen Alltag recht umgänglichen und höflichen Menschen, irgendetwas auszusetzen, wenn sie sich an den Rechner setzen. Nach dem Motto „im Internet weiß keiner, dass du ein Hund bist“ vergessen wir (ich nehme mich da gar nicht aus) allzu oft sämtliche Regeln der Kommunikation. Also lautet meine Regel Nummer Eins:

Wenn du etwas schreibst, dann mache das so, als würdest du den Menschen, die das lesen, gegenüber sitzen.

Oder gegenüber stehen. Oder denke zumindest daran, dass dir jemand antworten könnte, der nicht deiner Meinung ist. Wenn am anderen Ende der Leitung Menschen sind, die auch mal einen Spruch vertragen können (also z.B. auf Twitter), dann kannst du natürlich anders sprechen als mit Menschen, die vieles in den falschen Hals bekommen (also z.B. auf Facebook).

2. Denken, drücken, tippen

Den Leitsatz „Denken, drücken, sprechen“ habe ich noch aus meiner Zeit beim bewaffneten öffentlichen Dienst, Funkerausbildung behalten und er ist 1:1 auf Netzkommunikation anwendbar. Durch die Geschwindigkeit, mit der ich reagieren, kommentieren, einen Reply schreiben kann, neige ich öfter als in der mündlichen oder schriftlichen Kommunikation zu Schnellschussreaktionen, die in anschließenden mühseligen Erklärungen und Zurückruderungen ausarten. Wenn mich also etwas ganz furchtbar aufregt, schlafe ich eine Nacht drüber oder mache erstmal was ganz anderes und anschließend reagiere ich.

Und wenn dann wirklich mal etwas Unausgegorenes von dir im Web steht, kannst du es oft sogar noch korrigieren. Das macht auf jeden Fall einen guten Eindruck.

3. Erzähle keinen Quatsch

Gerade unter Bloggern wird ja gerne gegen die Printjournalisten gewettert, aber gegenüber dem herkömmlichen Journalismus wird hier „bei uns im Netz“ eine sorgfältige Recherche und Quellenangabe anscheinend oft als überkommene, spießige Tradition irgendwelcher Druckerschwärze-Hinterwäldler abgetan. Wenn Firma XY angeblich YZ gemacht hat, weil jemand das auf Twitter behauptet, dann wird das ja wohl schon so stimmen, dann schreie ich mal gleich mit auf und trage mein Quäntchen zum großen Shitstorm bei. Peinlich wird es auch hier – wie bei Punkt 2 – wieder, wenn später rauskommt, dass die Informationen gar nicht stimmten.

Wenn du mal Quatsch erzählen willst, dann tue das auf großartige Weise und mit voller Absicht. Es wird dann zwar immer Menschen geben, die dich Ernst nehmen (siehe zum Beispiel die Kommentare zu diesem Beitrag auf dem Postillon), aber das ist deren persönliches Einzelschicksal.

Zu guter Letzt aber vielleicht das Wichtigste:

Nimm selbst dich nicht zu Ernst.

Prinzipien

Da gibt es einen kleinen Spieleentwickler, der für eine kleine, aber offensichtlich nicht ganz erfolglose Firma arbeitet. In seiner Freizeit entwickelt er – hauptsächlich aus Spaß an der Freude – ein nettes, kleines Spiel und verkauft das als iOS-App. Seine Firma wird, weil sie augenscheinlich interessant genug ist, für 210 Millionen Dollar von einer riesigen Spielefirma geschluckt, mit Haut, Haaren und allen Mitarbeitern. Als der kleine Entwickler mitbekommt, dass er wegen möglicher Interessenskonflikte nicht mehr an seinem kleinen Spiel weiterbasteln kann, beschließt er, den Buyout (so nennt man diese feindlich-finanzielle Ãœbernahme wohl) nicht mitzumachen und aus seiner Firma auszusteigen. Das vermutlich unter Verzicht auf einen sicheren Job mit guter Bezahlung.

Es gibt sicherlich Leute, die sagen „Der ist doch bekloppt“, ich würde sagen „Das imponiert mir“. Und lässt mich darüber nachdenken, wie käuflich ich eigentlich wäre. Hier die ganze Geschichte.

DiBaDu bist raus

Eine Erklärung Oder Warum ich kein Werbebanner schalten wollte

Auch der Förderverein unserer Gemeinde nimmt an der Aktion „DiBaDu und Dein Verein“ teil. Die Aussicht, ohne große Spendensammelarbeit 1000 € zu gewinnen, war durchaus verlockend. Schnell war der Link auf der Gemeindeseite untergebracht verschickt, in den entsprechenden sozialen Netzwerken verbreitet und wir hatten über 500 Stimmen. Fein.

Nun stagniert das Ganze. Mittlerweile haben alle abgestimmt, die von der Aktion erfahren hatten und irgendeinen Bezug zu unserer Gemeindearbeit haben. Der Link auf der Homepage ist ins Archiv gewandert – es gab einfach zu viel Neues. Um der Aktion noch einmal richtig Schwung zu verleihen, bat man mich in meiner Eigenschaft als Webmeister, doch ein Banner an prominenter Stelle zu setzen. Ich habe das erst gemacht – natürlich liefert die Bank zwei schmuck gestaltete Widgets, deren Code man nur noch einbinden muss und fertig. Dann habe ich nachgedacht. Dann habe ich das Banner wieder gelöscht und durch einen banalen Link zur Aktion ersetzt. Weil wir gestern im kleinen Kreise eine feine Diskussion über Sinn und Unsinn solcher Aktionen hatten, hier mal meine Gedanken:

  • Social Sponsoring ist überhaupt kein Problem – wenn ich einen realen Gegenwert für die Werbung bekomme. Wenn uns eine Firma eine neue Rutsche für die Kita spendiert, werden wir das natürlich auch erwähnen. Wenn Thomas und seine Freunde die Verpflegung eines Haufen sportbegeisterter MV-Kids bei der Sportwoche unterstützen, dann danken wir ihm dafür, klar.
  • Nun zur großen Bank geschaut und nachgerechnet: Bei der ING DiBa sind momentan 18161 Vereine für die Aktion registriert. Alle diese Vereine mussten, um überhaupt Leute zum Abstimmen zu bringen, den Link zur Aktion verbreiten. Sagen wir mal, 30% der Vereine nutzen das Banner, um auf ihrer Seite für die Aktion zu werben. Das wären dann 6000 Mal Banner, das Ganze fünf Wochen lang. Ich habe mal versucht, den Preis für so ein Banner herauszufinden – selbst, wenn man 200€/Monat ansetzt, kommt man so problemlos auf über 1.000.000 €, die es kosten würde, die entsprechende Werbung zu schalten.
  • Kurz gesagt, all diese Vereine machen kostenlos wertvolle Werbung und verbessern auch noch das Image der ING DiBa, in der Hoffnung, am Ende unter den 1000 ersten zu sein und sage und schreibe ganze tausend Euro zu gewinnen.
  • Weitergerechnet. Wir sind mit 536 Stimmen momentan auf Platz 2698. Um unter die Gewinner zu kommen, bräuchten wir 2087 Stimmen, also nahezu vier Mal so viele. Aber alle, die sich bislang für die Aktion interessierten, haben bereits gestimmt. Woher sollen denn die restlichen 1500 kommen?!
Falls also jemand fragt, ich mache da nicht mehr mit. Den Link lasse ich auf der Webseite, rege aber dazu an, sich grundsätzlich Gedanken darüber zu machen, was die Hintergründe solcher Aktionen sind. Reine Menschenfreundlichkeit sicherlich nicht.

Ich bin fast alle

Dank der Firma Hewlett-Packard bin ich seit Wochen am Rande des Nervenzusammenbruchs. Jedes Mal, wenn ich drucken will, weist mich mein Druckertreiber freundlich darauf hin, dass die schwarze und die gelbe Tinte (man könnte meinen, ich wäre BVB-Fan) fast alle sind. Wohlbemerkt: fast und nicht ganz. Anschließend muss ich zum – natürlich übers Netzwerk eingebundenen und nicht direkt in der Nähe befindlichen – Drucker springen und die OK-Taste drücken.

Ja, sind die denn bescheuert?

Ich vermute ja eher die Perfidie, dass der Nutzer von den Meldungen so entnervt ist, dass er schluchzend aufgibt, in den nächsten Blödmarkt eilt und Patronen nachkauft und zu Hause sofort austauscht, nur um den Seelenfrieden beim Drucken wiederherzustellen. Sollte das der Grund sein, schlage ich HP vor, so ab 50% Patronenfüllstand regelmäßig die Meldung zu bringen, dass man nur noch 500 (499, 498, …) Seiten drucken könne. Zackbumm – auf einen Schlag Umsatz noch mehr vergrößert.

Ich möchte dann aber auch einen Innovationspreis der Firma haben.

Anti-Psalm

Gestern in der Sonntagspredigt hatte Axel Nehlsen eine – wie ich finde – recht feinsinnige Parodie auf Psalm 23 mitgebracht, die ich hier mit freundlicher Genehmigung des Autors wiedergeben möchte:

Ich verdiene mein Geld mit meinem Können, Wissen und Taktik,
deshalb mangelt es mir an nichts.
Ich gönne mir ordentlich Urlaub und Luxus,
das erquickt mich.
Ich bin mir meines Erfolgsweges sicher
und muss mich nur vor mir selber verantworten.
Auch Probleme und Rückschläge können mir nichts anhaben,
notfalls helfen mir mein Coach und meine Therapeutin zu neuer Energie.
Ich bin Konkurrenten gegenüber angstfrei und rücksichtslos
und zeige ihnen stolz, was ich mir leisten kann.
Wertpapierdepot und Versicherungen garantieren mir lebenslange Absicherung,
so dass mir nichts passieren kann.

Tatschen verboten

Irgendwann werde ich mich auch mal durch die nicht uninteressanten und im Moment heiß diskutierten 101 Regeln der eEtiquette arbeiten. Bis dahin möchte ich an dieser Stelle gerne meine Regel Nummer Eins des Umgangs mit mir und meinem Rechner darlegen:

Keiner, aber auch wirklich kein Mensch auf dieser Welt
hat das Recht,
MEINEN BILDSCHIRM ZU BERÃœHREN.

Es gibt nichts, was ich mehr hasse, als wenn mir jemand was erklären will und dabei immer wieder mit seinen Fingern auf mein Display piekt und darauf herumwischt. Nicht allein, dass ich den Schmier hinterher wieder abwischen muss, nein auch, dass Leute manchmal in Wallung geraten mit ihrer Stocherei („Guck mal, HIER *piekpiek* genau liegst du falsch“) und ich dann physische Schäden am Display von Pixelfehlern bis zum Totalausfall (nach hinten umkippen) befürchten muss.

Sollte ich mir irgendwann einen Touchscreen zulegen, müsste ich über dieses Gesetz noch mal nachdenken …

Wir nennen es Tauschhandel

Fraglich ist ja, ob man Naturalien irgendwann versteuern muss, wenn der Tausch „Dienstleistung gegen Dinge des täglichen Bedarfs“ überhand nimmt und man davon seine Familie und sich ganz gut über die Runden bringen kann. Einnahmen bisher waren zumindest:

  • Zusammenbau und Betrieb einer WordPress-basierten Webseite gegen Zusage der Ausstellung von beliebig vielen Spendenquittungen
  • Ãœbersetzung eines vierseitigen Masterarbeit-Proposals ins Englische gegen Einen Sechserträger Budweiser (auch „die tschechische Herrenhandtasche“ genannt)
  • Consulting für ein IT-Startup gegen Ein Clubsandwich, eine Berliner Weiße mit Schuss (grün) und einen Espresso
  • Einarbeitung eines Amazon-Shops in ein WordPress-Weblog gegen Eine 250-g-Tafel Ritter Sport Joghurt (Leistung steht noch aus)

Für mich als momentan Arbeitslosen funktioniert das erstaunlich gut. Wer mag, kann sich ja einfach mal melden …

Update: Phil (siehe Kommentar) hat Beratung bei einem Problem mit einer seltsamen Programmiersprache bekommen, es gab Ritter Sport Olympia. Wer will derdie Nächste sein?

Zu sozialen Netzen

„Ich kenne die Hälfte von euch nicht halb so gut, wie ich es gern möchte, und ich mag weniger als die Hälfte von euch auch nur halb so gern, wie ihr es verdient.“

– Bilbo Beutlin im „Herr der Ringe“. Und Magnus zu sozialen Netzwerken.

Mein Beruf

Im laufenden Betrieb

Ich habe die Fragen bei Anke und Maximilian gefunden und fand sie beantwortenswert.

1. Was machst du beruflich?

Ich bin Informatiker. Also ordentlich studierter, diplomierter Informatiker. Ich habe lange, wenn nicht schon allzu lange an Universitäten geforscht, gelehrt und gebaut, zuletzt zu spannenden Themen wie semantischen Technologien. Das ist die Idee, das, was Menschen ohnehin schon an Wissen und Gedanken über diese Welt (oder zumindest einen Teil dieser Welt) im Schädel haben, in für doofe Computer les- und verarbeitbare Form zu pressen. Damit kann man dann intelligente – oder intelligent erscheinende – elektronische Modeberater oder Suchmaschinen bauen, die das tun, was man als Mensch von ihnen erwartet.

Weil wir an der Uni überzeugt davon sind, dass man damit auch Geld machen kann, haben wir vor zwei Jahren eine kleine, aber feine Firma gegründet. Anfang dieses Jahres habe ich dann beschlossen, den warmen, weichen Schoß der Universität zu verlassen und mich ganz in die kalte, grausame Welt zu stürzen.

Im Augenblick werde ich allerdings noch von einer großen deutschen Behörde gesponsert, bis unsere kleine Ausgründung genug Geld abwirft, um mich und meine mir die Haare vom Kopf fressende Familie zu ernähren. Im Moment geht die Richtung in die Selbstständigkeit, was für einen Informatiker keine so schlechte Sache ist.

2. Was ist gut – was ist nicht so gut daran?

Ich liebe an meinem Beruf:

  • Probleme lösen: Wir sind dafür bekannt, Aufgaben, die man mit blöder, hirnloser Handarbeit in wenigen Stunden erledigt hätte, mit komplexen Programmen zu lösen, deren Erstellung mehrere Tage oder gar Wochen in Anspruch nehmen kann. Manchmal scheint das schwachsinnig, aber oft fallen dabei nebenher wundervolle wiederverwendbare Problemlösungen ab. Man schaue sich nur mal die Geschichte von Donald Knuths TeX an.
  • Kommunikation: Das Bild vom hornbebrillten Kellernerd, der schon beim Anblick anderer Menschen, insbesondere weiblicher, in Angstschweiß ausbricht, ist zum Glück seit längerer Zeit überholt. Mir macht es zumindest sehr viel Freude, dass mein Beruf eben auch darin besteht, mit vielen Menschen (Studierenden, Kunden, Kollegen, anderen Informatikern und allen Leuten die ich treffe, und die nicht schnell genug wegrennen) zu sprechen, mir ihre Probleme (also vor allem die rechnerbasierten) anzuhören, Lösungen zu erklären und Wissen zu vermitteln.
  • Kreativität und Erfolgserlebnisse: Dieses Gefühl, mit einem Stück Software etwas erschaffen zu haben, ist unbeschreiblich. Ständig lerne ich neue Wege, die Maschine dazu zu bringen, zu tun was ich will. Und wenn nach einem letzten kompletten Testlauf die Balken aller Unit-Tests grün sind, ist das schon ein Glücksmoment.

Ich hasse an meinem Beruf:

  • Man kommt so wenig an die frische Luft.
  • Computer sind hochgradig nichtdeterministisch. Für Nichtinformatiker: Man kann nie sagen, wie der Apparat auf irgendwelche Eingaben reagieren wird. Ich weiß, eigentlich soll das nicht so sein, aber mittlerweile haben die Geräte und die auf ihnen laufenden Systeme eine derartige Komplexität erreicht, dass selbst die Position des Kaffeebechers neben der Tastatur entscheiden kann, ob ein Testlauf Erfolg hat oder nicht. Ist wirklich so.
  • Wenn man vier Stunden lang mit Hilfe zweier Debugger, 50KB Logdaten und drei Coredumps einen Fehler sucht und dann feststellt, dass man irgendwo ein „++“ an die falsche Stelle gesetzt hat.

3.  Was wäre dein absoluter Traumberuf?

Rockstar. Wenn ich nicht genau drüber nachdenke (dann würde ich nämlich feststellen, dass das Stress pur und extreme Abhängigkeit von Menschen bedeutete) … wollte ich schon immer unheimlich gerne Rockstar sein.

4. Warum gerade dieser?

Dieses Gefühl, wenn das Publikum sich schon vor Sehnsucht nach dir fast verzehrt und droht, das Stadion auseinanderzunehmen, wenn du nicht sofort auf die Bühne kommst, wenn dann die Scheinwerfer alle auf einmal angehen und du mit deiner Band die Bühne betrittst und spürst, dass dieses Konzert unglaublich gut werden wird, dieses Einssein mit den Menschen, denen du gibst, was sie wollen – das muss toll sein. Vermutlich würde mich der eigentliche Job sehr schnell zum Wrack machen, aber einmal würde ich das schon gerne erleben wollen.